In Zusammenhang mit Videoüberwachungen können Betroffene von sämtlichen unter der DSGVO gewährleisteten Rechte Gebrauch machen. Umfassende und ausführliche Erläuterungen der einzelnen Rechte finden sich hier.
Zudem steht ein Musterschreiben für ein Auskunftsgesuch zur Verfügung, welches ergänzt und an den Verantwortlichen versendet werden kann.
In Bezug auf Videoüberwachungen ist jedoch auf ein paar Besonderheiten hinzuweisen.
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Auskunftsrecht
Neben den allgemeinen Angaben, welche nach der DSGVO (z. B. Art. 13 und 15) vom Verantwortlichen zur Verfügung gestellt werden müssen, zielt ein Auskunftsbegehren in Zusammenhang mit Videoüberwachungen insbesondere auf die individuellen Aufnahmen und Datenverarbeitungen ab. Ist es aufgrund der umfangreichen Aufnahmen einer Videoüberwachung nicht möglich, diese nach einzelnen Personen zu durchsuchen, sollte die betroffene Person im Rahmen des Auskunftsbegehrens eine örtliche und zeitliche Eingrenzung vornehmen. Im Verhältnis zu der Anzahl der von der Kamera erfassten Personen muss ein vernünftiger Bewegungs- und Zeitraum benannt werden, in dem die betroffene Person den überwachten Bereich betreten hat. Ausserdem ist – wenn möglich – eine Beschreibung des Erscheinungsbildes mitzuliefern. Dies ist notwendig, um es dem Verantwortlichen zu erleichtern/ermöglichen, dem Auskunftsbegehren überhaupt nachzukommen (vgl. Art. 11 Abs. 2 DSGVO).
Je nach Örtlichkeit werden betroffene Personen regelmässig von Videoüberwachungen erfasst (z. B. Bankomaten, Tankstellen). Für jedes Erfasstwerden ein Auskunftsbegehren zu stellen und eine Kopie der Aufnahme zu verlangen, wäre jedoch nicht zulässig. Ein Auskunftsbegehren soll die Geltendmachung weiterer Rechte ermöglichen sowie einen Überblick und die Kontrolle über die eigenen personenbezogenen Daten sicherstellen.
Der Verantwortliche kann für übermässige oder offensichtlich unbegründete Auskunftsbegehren eine angemessene Gebühr verlangen oder sich weigern, dem Auskunftsbegehren nachzukommen (Art. 12 Abs. 5 DSGVO). Der Verantwortliche muss dabei jedoch den Nachweis für den offenkundig unbegründeten oder exzessiven Charakter des Antrags erbringen.
Wurden die Aufnahmen aufgrund der beschränkten Speicherdauer bereits gelöscht oder überschrieben, kann dem Auskunftsbegehren im Einzelnen nicht mehr entsprochen werden. Allgemeine Auskünfte entsprechend Art. 15 DSGVO haben jedoch zu erfolgen.
Für Auskunftsbegehren dürfen die relevanten Aufnahmen extrahiert und über die definierte Speicherfrist aufbewahrt werden. Die ist notwendig, um den gesetzlichen Pflichten nachkommen zu können und stützt sich somit auf eine selbständige rechtliche Grundlage.
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Kopie der Videoaufnahmen
Art. 15 Abs. 3 DSGVO sieht vor, dass der Verantwortliche eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung stellt. Dies bedeutet konkret, dass die betroffene Person Anrecht auf eine Kopie des entsprechenden Videoausschnittes hat, der die betroffene Person zeigt. Die Kopie ist in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren (Video-)Format zur Verfügung zu stellen.
In der Praxis ist es wohl am zielführendsten, wenn bezüglich der konkreten Aufnahmen zunächst der Dialog gesucht wird. Allenfalls ist es möglich, die Aufnahmen vor Ort einzusehen und dabei die möglichen Dateiformate sowie die Art der Übermittlung (Datenträger, elektronischer Versand usw.) gemeinsam zu definieren.
Aufgrund der Tatsache, dass Videoaufnahmen eine beliebige Anzahl von betroffenen Personen erfassen, kann eine Einsichtnahme durch einen auskunftssuchenden Betroffenen eine zusätzliche Verarbeitung personenbezogener Daten darstellen. Auch wenn die Auskunft ersuchende Person eine Kopie der Aufnahmen verlangt (Art. 15 Abs. 3 DSGVO), können dadurch die Rechte von Personen, die ebenfalls von der Kamera erfasst wurden, betroffen sein. Der Schutz von Rechten Dritter kann vom Verantwortlichen jedoch nicht dazu verwendet werden, das Auskunftsrecht zu umgehen. Vielmehr ist er dazu angehalten, insbesondere durch technische Massnahmen, wie bspw. das Ausschwärzen, Verpixeln oder Zuschneiden von Aufnahmen, sicher zu stellen, dass die Rechte Dritter gewahrt werden und dem Auskunftsbegehren dennoch Folge geleistet wird.
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Recht auf Löschen
Das Recht auf Löschen ist in Bezug auf Videoüberwachungen ebenfalls zu berücksichtigen (Art. 17 DSGVO). Dies insbesondere, wenn sich eine Videoüberwachung auf die Einwilligung (Art. 6 Abs. 1 Bst. a DSGVO) oder die berechtigten Interessen (Art. 6 Abs. 1 Bst. f DSGVO) stützt.
Videoaufnahmen sind insbesondere zu löschen, wenn:
- die Einwilligung widerrufen wird (und keine andere Rechtsgrundlage für eine Weiterverarbeitung besteht);
- eine betroffene Person vom Widerspruchsrecht Gebrauch macht und keine zwingenden schutzwürdigen Gründe des Verantwortlichen vorliegen;
- Die Daten für Direktwerbung (inklusive Profiling) verwendet werden und die betroffene Person Widerspruch gegen diese Verarbeitung einlegt.
Ein Löschungsbegehren muss jedoch zusätzlich zum Widerspruch gestellt werden, da ein Widerspruch gegen eine Datenverarbeitung lediglich in die Zukunft gerichtet ist. Beispiel:
Aufgrund von wiederkehrendem Vandalismus an der Aussenfassade eines Geschäftes hat dieses dort eine Videoüberwachung eingerichtet. Dabei ist ein Teil des Zugangs zum Eingang miterfasst. Ein Kunde verlangt nun, dass seine personenbezogenen Daten insbesondere in Bezug auf die Videoüberwachung gelöscht werden. Der Verantwortliche ist verpflichtet dem Begehren unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrags nachzukommen. Da der Zweck der Videoüberwachung Schutz vor Vandalismus ist, kann zum Zeitpunkt der Anfrage einfach festgestellt werden, ob die Aufnahmen noch benötigt werden. Ist dies nicht der Fall, sind diese unverzüglich zu löschen, da keine berechtigten Interessen an der Verarbeitung der Daten mehr bestehen. Die Aufnahmen sind auch dann zu löschen, wenn ursprünglich eine längere Speicherdauer festgelegt wurde.
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Widerspruchsrecht
Betroffene Personen haben nach Art. 21 DSGVO ein Recht auf Widerspruch gegen Datenverarbeitungen, die sich auf das berechtigte oder öffentliche Interesse (Art. 6 Abs. 1 Bst. e oder f DSGVO) stützen. In Bezug auf Videoüberwachung bedeutet dies, dass sich die betroffene Person jederzeit gegen das Aufnehmen wie auch die weitere Verarbeitung (z. B. die Speicherung) aus Gründen, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, aussprechen kann. Der Verantwortliche muss die Verarbeitung (z. B. Aufnehmen, Speicherung) einstellen, es sei denn er kann zwingende schutzwürdige Gründe für die Verarbeitung nachweisen. Das Widerspruchsrecht kann vor Betreten, während dem Aufenthalt oder nach Verlassen des überwachten Bereichs geltend gemacht werden. In der Praxis bedeutet dies, dass eine Videoüberwachung, welche gestützt auf berechtigte oder öffentliche Interesse (Art. 6 Abs. 1 Bst. e oder f DSGVO) betrieben wird, sofort ausschaltbar sein muss, wenn dies verlangt wird.
Durch das Geltendmachen des Widerspruchsrechts ist der Verantwortliche verpflichtet, eine Interessenabwägung zwischen den Interessen der betroffenen Person (Gründe, die sich aus ihrer besonderen Situation ergeben, z. B. Kind, Bekanntheitsgrad) und den eigenen Interessen, welche die Videoüberwachung begründen, durchzuführen. Und nur wenn zwingende schutzwürdige Interessen des Verantwortlichen, sprich des Betreibers der Videoüberwachung, vorliegen, ist die Videoüberwachung der betroffenen Person zulässig.
Dies setzt jedoch voraus, dass der Verantwortliche bei der Installation der Videoüberwachung schon eine allgemeine Interessensabwägung (Verhältnismässigkeitsprüfung) zwischen seinen Interessen und jenen des definierten Betroffenenkreis vorgenommen hat (siehe hierzu Zulässigkeit der Videoüberwachung). Wurde dies unterlassen, ist spätestens im Zuge der Beurteilung eines Widerspruchs auch eine allgemeine Verhältnismässigkeitsprüfung vorzunehmen.
Beispiel:
Ein Unternehmen hat Schwierigkeiten mit Sicherheitsvorfällen an seinem öffentlichen Eingang und nutzt aus Gründen des berechtigten Interesses eine Videoüberwachung, um Unbefugte am Betreten der Räumlichkeiten zu hindern. Ein Besucher widerspricht aus Gründen, die sich aus seiner besonderen Situation ergeben, der Verarbeitung seiner Daten durch die Videoüberwachungsanlage. Wird das gespeicherte Material aber etwa aufgrund einer laufenden internen Untersuchung benötigt, liegen zwingende berechtigte Gründe für die weitere Verarbeitung der personenbezogenen Daten vor, sodass der Antrag zurückgewiesen werden kann.