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Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II)
Seit Dezember 2011 ist Liechtenstein Mitglied des Schengenraums. Im Rahmen von Schengen werden systematische Personenkontrollen an den Binnengrenzen zwischen den Mitgliedsstaaten aufgehoben, um den Personenverkehr zu erleichtern. Gleichzeitig sollen durch eine stärkere grenzüberschreitende Polizeizusammenarbeit Ordnung und Sicherheit im Schengenraum gewährleistet werden. Im Kern des Abkommens von Schengen steht das Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II). Dabei handelt es sich um ein elektronisches polizeiliches Personen- und Sachfahndungssystem, das durch die Mitgliedsstaaten gemeinsam betrieben wird.
Im SIS II werden neben Sachdaten ebenso Personendaten in grossem Umfang verarbeitet. Durch die Verarbeitung dieser personenbezogenen Daten gibt es zahlreiche Berührungspunkte mit dem Datenschutz, die zu berücksichtigen sind. Die Datenschutzstelle stellt weitere Informationen in Form eines Merkblattes zum Thema Schengen und Personendaten zum Download bereit.
Weiters hat die Supervision Coordination Group (siehe weiter unten) ein Dokument erarbeitet, welches transparent und umfassend über die Rechte der Betroffenen, wie z. B. im SIS II gespeicherte Personen informiert. Dabei werden bezüglich jedes einzelnen Mitgliedstaates die Modalitäten der Rechtsausübung aufgeführt.
Einen Leitfaden zur Ausübung des Auskunftsrechts betreffend SIS II finden Sie hier:
Schengen Guide of Access (Englisch)
Zusammenfassung des Leitfadens (Deutsch)
SIS Supervision Coordination Group (SIS II SCG)
Die frühere Gemeinsame Kontrollinstanz des SIS (Schengen JSA), bestehend aus Vertretern der nationalen Kontrollinstanzen, wurde mit der Einführung des SIS II am 9. April 2013 aufgelöst, da die gesetzliche Grundlage weggefallen ist. Gleichzeitig wurde eine neue gesetzliche Grundlage für eine neue Koordinierungsgruppe des SIS II (SIS II SCG) geschaffen. Die Koordinierungsgruppe besteht aus je einem Vertreter der nationalen Datenschutzbehörden aller Mitgliedstaaten sowie des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB). Im Juni 2013 fand die erste Sitzung der SIS II SCG statt. Liechtenstein ist regelmässig an den zwei- bis dreimal jährlich stattfindenden Treffen vertreten.
Die SIS II SCG überwacht die Verwendung der Daten im SIS II. Grundlagen sind die SIS-II-Verordnung und der SIS-II-Beschluss.
An den Sitzungen unterstützen sich die Mitgliedstaaten gegenseitig bei Datenschutzüberprüfungen, klären Schwierigkeiten bei der Auslegung oder Anwendung der gesetzlichen Grundlagen, erarbeiten harmonisierte Lösungen für etwaige Problemfelder, fördern die Sensibilisierung für die Datenschutzrechte und gehen Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung der unabhängigen Überwachung oder der Ausübung der Rechte betroffener Personen nach. Dazu werden Empfehlungen ausgearbeitet und Erfahrungen ausgetauscht.
Weitere Informationen, Tätigkeitsberichte und Dokumente finden Sie auf der Internetseite des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB).
Ein Musterschreiben zur Ausübung des Auskunftsrechts betreffend SIS II finden Sie hier.
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Visa Informationssystem (VIS)
Das Visa-Informationssystem (VIS) ist ein System zum Austausch von Daten über Visa (befristete Aufenthalte) zwischen den Mitgliedstaaten des Schengenraums. Es soll vor allem der Durchführung der gemeinsamen Visumpolitik und der konsularischen Zusammenarbeit dienen. Das VIS hat im Oktober 2011 seinen Betrieb aufgenommen.
Weitere Informationen zum VIS der EU-Kommission finden Sie hier.
VIS Supervision Coordination Group (VIS SCG)
Art. 43 der VIS-Verordnung besagt, dass die nationalen Kontrollstellen und der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB) zusammenarbeiten, relevante Informationen austauschen, sich gegenseitig unterstützen und für eine koordinierte Überwachung des C-VIS (zentrales VIS) und der nationalen Systeme (N-VIS) sorgen sollen. Dies ist die Grundlage der VIS SCG. Sie hat am 21. November 2012 ihre Arbeit aufgenommen.
Ein Vertreter der liechtensteinischen Datenschutzstelle nimmt regelmässig an den Sitzungen der VIS SCG teil.
Zusammenfassungen der Sitzungen, Tätigkeitsberichte wie auch Inspektionsberichte finden Sie hier.
Ein Musterschreiben zur Ausübung des Auskunftsrechts betreffend VIS finden Sie hier.
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Eurodac
Das Dubliner Übereinkommen, das von allen Mitgliedstaaten am 15. Juni 1990 unterzeichnet wurde, ermöglicht die Bestimmung des Staates, der für die Prüfung eines in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist. Das Eurodac-System soll die Mitgliedstaaten bei der Feststellung des zuständigen Mitgliedstaates für Asylverfahren unterstützen. Mittels eines Abgleichs der Fingerabdrücke mit der Eurodac-Datenbank kann festgestellt werden, ob Asylsuchende oder ausländische Staatsangehörige, die sich unrechtmässig im Hoheitsgebiet aufhalten, bereits in einem anderen Mitgliedstaat Asyl beantragt haben, oder ob Asylsuchende unrechtmässig eingereist sind.
Im Jahr 2003 wurde das Eurodac-System eingeführt. Im Jahr 2013 wurde Eurodac auf eine neue gesetzliche Grundlage (Verordnung (EU) Nr. 603/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013) über die Einrichtung von Eurodac gestellt. Seitdem sind auch Abfragen der Strafverfolgungsbehörden für Zwecke der Verhütung, Aufdeckung oder Untersuchung terroristischer oder sonstiger schwerer Straftaten möglich.
Eurodac Supervision Coordination Group (Eurodac SCG)
In Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten sind die Herkunftsmitgliedstaaten verantwortlich für die Rechtmässigkeit der Abnahme der Fingerabdrücke sowie für die Rechtmässigkeit der Verwendung, Übermittlung, Aufbewahrung und Löschung der Daten. Neben den nationalen Kontrollinstanzen wurde eine unabhängige gemeinsame Kontrollinstanz eingerichtet, die sich aus maximal zwei Vertretern der nationalen Kontrollinstanzen eines jeden Mitgliedstaats zusammensetzt. Sie hat die Aufgabe, die Tätigkeit der Zentraleinheit zu kontrollieren, ob die Rechte der betroffenen Personen gewahrt bleiben. Sie ist weiters zuständig für die Prüfung von Anwendungsfragen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Eurodac-Systems.
Ein Vertreter der Datenschutzstelle nimmt regelmässig an den Sitzungen der Eurodac SCG teil.
Die Rechtsgrundlagen, Zusammenfassungen der Sitzungen, Tätigkeitsberichte wie auch Inspektionsberichte finden Sie hier.
Die Agentur der Europäischen Union für Grundrechte hat betreffend das Recht auf Information einen Leitfaden für Behörden bei der Abnahme von Fingerabdrücken erlassen. Sie finden hier die Broschüre.
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Entry-Exit-System (EES, Einreise- und Ausreisesystem)
Mit dem Entry-Exit-System sollen Zeitpunkt und Ort der Ein- und Ausreise der Drittstaatsangehörigen, die für einen Kurzaufenthalt (max. 90 Tage pro 180 Tage) im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten zugelassen sind, elektronisch erfasst werden. Das System ist zudem in der Lage, die Dauer des zulässigen Aufenthalts zu berechnen. Im EES erfasst werden sollen auch Drittstaatsangehörige, denen die Einreise für einen Kurzaufenthalt verweigert worden ist. Das EES wird an den Land-, See- und Luft-Aussengrenzen derjenigen Mitgliedstaaten, die den Schengen-Besitzstand vollständig anwenden, betrieben.
Mit Bericht und Antrag 2019/8 wurde in Liechtenstein die nötige Gesetzesanpassung in die Wege geleitet, um die EU- Verordnungen durchzuführen. Das EES soll bis voraussichtlich 2023 sukzessive eingeführt werden.
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European Travel Information and Authorization System (ETIAS, Europäisches Reiseinformations- und -genehmigungssystem)
ETIAS ist ein neues Schengen-weites System, mit dessen Hilfe festgestellt werden soll, ob mit einreisenden Personen ein Risiko der illegalen Einwanderung, Risiken für die Sicherheit oder die öffentliche Gesundheit verbunden sind. ETIAS bietet sich für Drittstaatsangehörige an, die von der Visumpflicht befreit sind und für einen Kurzaufenthalt von max. 90 Tagen innerhalb von 180 Tagen in den Schengen-Raum reisen wollen. Über ETIAS müssen sich diese vorgängig ihrer Reise registrieren.
Mit Bericht und Antrag 2019/82 wurde in Liechtenstein die nötige Gesetzesanpassung in die Wege geleitet, um die EU-Verordnungen durchzuführen. Der Zeitpunkt der Aufnahme des Betriebs des ETIAS wird durch die EU-Kommission unter Berücksichtigung diverser Voraussetzungen bestimmt.
Weitere Informationen zu ETIAS finden sich auf der entsprechenden Webseite sowie im Factsheet der EU-Kommission.
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Interoperabilität
Interoperabilität bedeutet im Zusammenhang mit Schengen, dass künftig Personenabfragen durch die zugriffsberechtigten Stellen parallel in mehreren Informationssystemen durchgeführt werden können. Die Suche in allen Systemen wird dabei über das European Search Portal (ESP) erfolgen. Die aktuell bestehenden Zugriffsrechte der verantwortlichen Behörden auf die einzelnen, schon bestehenden Systeme, bleiben jedoch unverändert.
Es werden zusätzliche Systeme geschaffen, die die Interoperabilität gewährleisten sollen. So ist zukünftig etwa ein automatisierter Abgleich biometrischer Daten einer Person vorgesehen. Ebenso die Sammlung der biographischen und biometrischen Daten von Drittstaatsangehörigen in einem gemeinsamen Speicher. Es werden auch neue Möglichkeiten geschaffen, um die wahre Identität von Personen aufzudecken, die in mehreren Informationssystemen unter falschen Identitäten oder Mehrfachidentitäten registriert sind.
Massgeblich durch zwei EU-Verordnungen und deren nationale Durchführung wird ein Rahmen für die Sicherstellung der Interoperabilität zwischen Entry‐Exit‐System (EES), Visa‐ Informationssystem (VIS), Europäischem Reiseinformations‐ und ‐genehmigungssystem (ETIAS), Eurodac, Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS II) und Europäischem Strafregisterinformationssystem betreffend Drittstaatsangehörige und Staatenlose (ECRIS‐TCN) geschaffen.
Der Bericht und Antrag 2020/66 soll die nationale Umsetzung der Interoperabilität in die Wege leiten und gewährleisten.